Meine und die Geschichte von Carmens Lieblingsdinge

Ich heisse Carmen und bin 32 Jahre alt.

Ursprünglich bin ich vom Glarnerland, wohne aber seit meiner Kindheit im Zürcher Oberland. 

Schon als Kind machte ich sehr gerne viel Sport, backte und kochte gerne und traf mich so oft ich  konnte mit meinen Freunden.

Ich war gerne draussen in der Natur. Vor allem das Snowboarden wurde zu meiner grossen Leidenschaft. Auch Wandern und Reisen liebte ich von ganzem Herzen. 

Da ich im Gymi sehr gut in den naturwissenschaftlichen Fächern war, ich aber auch immer mit Menschen zu tun haben wollte, entschied ich mich, Ärztin zu werden. 

Meine ersten beiden Assistenzjahre hatte ich geschafft. Mir hat es bis dahin sehr gut gefallen.

An meinem ersten Ferientag hatte ich dann aber einen Snowboard-Unfall, wobei ich mir einen Wirbelkörper kompliziert gebrochen hatte.

Für die nächsten 6 Wochen war ich bettlägerig.

Mir war bewusst, dass dies meiner Psyche schaden könnte, weil mein Leben aus Sport, Arbeit und Pflegen von Sozialkontakten bestand. Alles viel auf einen Schlag weg.

Ich entschied mich aber, dass ich positiv bleibe und versuche, das Beste aus dieser Zeit zu machen. Ich schaute mir sehr viele Dokumentationen an und hörte zahlreiche Hörbücher. 

Meine Arbeit als Ärztin konnte ich nur langsam wieder steigern, da ich an anhaltenden Rückenschmerzen litt.

Auch Sachen wie Spiele spielen, Kinobesuche, Fernsehabende mit Freunden waren leider nicht mehr nur mit Freude verbunden.

Spontane Aktivitäten blieben gestrichen, ich musste meine Tage enorm strukturieren, um mit dem Schmerzen klar zu kommen. Ich kämpfte aber stets weiter.

Als ich bei 80% Arbeitsfähigkeit stagnierte fing ich an zu bouldern. 3 Monate später war ich beschwerdefrei, konnte wieder “normal” (nur stehend) arbeiten und meinen Hobbies auch wieder in einem zufriedenstellenden Ausmass nachgehen. 

2 Monate lang ging es mir gut. Dann hatte ich aber leider einen zweiten Unfall. Ich bin beim Bouldern von ca. 80cm abgerutscht, weil ich unkonzentriert war.

Bei der Landung hat es laut geknackt und ich hatte höllische Schmerzen im linken Fuss. Ich wollte es aber nicht glauben und die ganze Odysee erneut durchmachen, sodass ich mit grössten Schmerzen noch versuchte, einen Monat weiterzuarbeiten. Dann musste ich aber kapitulieren.

Ich litt trotz der Einnahme von 12 Schmerzmitteln pro Tag an stärksten Schmerzen. Das MRI ergab einen ausgeprägten Bone Bruise in 3 Fussknochen. 

Da ich kaum mehr laufen konnte und im ambulanten Setting an meine Grenzen stiess, ging in in eine Rehabilitation.

Ich war sehr froh, dass ich gehen konnte, weil ich es nach dem zweiten Unfall nicht geschafft, positiv zu bleiben.

Ich wurde schwer depressiv, wendete mich von allen Sozialkontakten ab und isolierte mich, konnte mich zu nichts mehr motivieren und wollte nur noch schlafen.

Ich dachte sehr viel über Suizid. Es waren die dunkelsten Stunden meines Lebens.

Ich erzähle dies, weil es mir sehr am Herzen liegt, dass man offener über psychische Probleme sprechen kann und sich nicht schämen muss.

Jeden kann es treffen.

Man hat oft das Gefühl, völlig allein zu sein. Doch das ist man bei weitem nicht.

Viele sind betroffen, doch so viele schweigen. Aus Angst, Scham, mangelnder Kraft, Hoffnungslosigkeit oder unzählig anderen Gründen.

Ich hoffe, dass die Enttabuisierung vorangeht und würde gerne dazu beitragen. 

Die Rehabilitation hat mich psychisch stabilisiert und ich fand ein sehr gutes ambulantes Team, welches mich weiterhin betreut.

Körperlich half die Reha insofern, als das ich wieder regelmässig Kräftigungsübungen durchführen konnte. Die Schmerzen waren jedoch nach wie vor stets da.

Ich konnte meine Arbeit als Ärztin also nicht so rasch wieder aufnehmen. Dies war mir klar und machte mir grosse Angst. 

Wieder zu Hause überlegte ich mir dann, was ich machen sollte, damit ich nicht wieder enorm tief ins Loch fallen würde.

Ich weiss noch, dass ich nach dem ersten Unfall einst all meine Bilder auf dem Laptop sortiert habe und mir das Betrachten vieler Sachen Freude bereitet hatte.

Ich schaute mir diese also wieder an und fokussierte mich auf die Dinge, die mir Freude bereiteten und zu diesem Zeitpunkt oder in der Zukunft bestimmt wieder möglich sein würden.

Vor allem wollte ich mich auf die nicht sportlichen Aktivitäten fokussieren, was mir nicht leicht viel, da ich früher gerne 50km pro Tag Fahrrad gefahren bin, 20km gejoggt bin, 10 Stunden wandern ging oder den ganzen Tag auf dem Snowboard stand. 

Mir wurde klar, dass ich eigentlich auch sehr kreativ bin und dies in den letzten Jahren deutlich vernachlässigt hatte.

Früher backte und kochte ich enorm viel und malte und zeichnete gelegentlich. Auch sind mir viele Häkelbilder meiner Schwestern aufgefallen.

Da ich nach wie vor meistenes bettlägerig war, entschied ich mich, mit dem Häkeln zu beginnen und empfand grosse Freude dabei.

Als ich mobiler wurde, nahm ich auch das Kochen, Backen, Nähen, Zeichnen und Malen in begrenztem Ausmass wieder auf.

Sportlich fokussierte ich mich vor allem auf Kräftigungsübungen, Dehnen und Faszientraining.

Zudem hielt ich dies alles fest, weil ich wollte, dass ich mich immer erinnern könnte, sollte ich je wieder depressiv werden. 

Als sich die Ordner füllten und meine Freunde sagten, ich müsste dies veröffentlichen, da meine Sachen so toll seien, holte ich mir Hilfe und meine Website entstand. 

Ich hoffe, sie bereitet auch euch viel Freude. 

Sollte auch euer Leben von Schicksalsschlägen getroffen werden, kann ich nur empfehlen, euch bewusst zu machen, was euch Freude bereitet und im Rahmen der Möglichkeit liegt.

Gebt niemals auf und schaut nach vorne. Aus der Not können wunderschöne Dinge entstehen. 

In Liebe

Eure Carmen